Inkognito-Besuche in der Cineworld: Seit 20 Jahren Kino-Chefs

Es war eine turbulente Zeit für das Lüner Kino Cineworld – vor 20 Jahren wurden neue Betreiber gesucht. Lutz Nennmann und Meinolf Thies erhielten den Zuschlag.

Von Beate Rottgardt

Die beiden Kinofest-Veranstalter Meinolf Thies (l.) und Lutz Nennmann mit ihren Frauen Petra Nennmann (2.v.r.) und Anja Thies. Vor 20 Jahren haben Nennmann und Thies die Cineworld als Betreiber übernommen. Foto: Günter Blaszcyk

Lünen hatte schon viele Kinos, die aber mittlerweile Geschichte sind. So wie beispielsweise die längst abgerissene Lichtburg, in der das Kinofest Lünen 1990 seine Geburtsstunde erlebte. Dann wurde die hochmoderne Cineworld mit ihrer Glasfassade an der Lippe gebaut. Betreiber war der langjährige Lichtburg-Chef Gerd Politt aus Recklinghausen. Doch 2003 musste Politt Insolvenz anmelden. Die Harpen AG als Vermieter der Cineworld war gezwungen, sich auf die Suche nach neuen Kino-Chefs zu machen.

Im November flatterte dann die Einladung zu einer Pressekonferenz in die Redaktion, weil die Suche ein Ende hatte. In der Cineworld stellten sich Meinolf Thies und Lutz Nennmann als die neuen Cineworld-Betreiber vor. Und sorgten gleich mit einer Neuerung für Aufsehen – die beiden verzichteten auf die oft nervige Werbung vor den Filmen.

Eine Entscheidung, die schließlich auch Gerichte beschäftigte. Doch die beiden Kino-Chefs blieben bei ihrer Entscheidung – bis heute. Das Publikum musste sich umgewöhnen – wer nicht pünktlich ins Kino kam, verpasste die ersten Minuten des Films. Aber das sprach sich schnell herum. Und der Verzicht auf Werbung ist bis heute ein Pluspunkt, die die Cineworld bei den Besuchern beliebt macht.

Doch bevor es soweit war, verging noch einige Zeit der Suche nach neuen Betreibern. „Die Vermieterin (die Harpen AG, Anm. d. Red.) hatte zur Findung eines neuen Betreibers einen Branchenintimus beauftragt; der sprach mich an; er kannte mich von Cinemaxx“, so Thies. Lünen war für Nennmann und Thies kein unbekanntes Pflaster, denn sie kannten den Vorbesitzer gut. Gerd Politt hatte 1997 ein 50/50-Joint-Venture-Kino (Cinemaxx) in Krefeld am Niederrhein mit gebaut. Thies: „Da waren Lutz und ich operativ zuständig, im Trikot von Cinemaxx.“

Einige Mitarbeitende aus dem Lüner Kino hatten damals überlegt, sich selbst in einem Team als Betreiber der Cineworld zu bewerben. Ob es außerdem noch weitere Bewerber um das Kino in Lünen gab, weiß Thies nicht. Aber da Harpen Immobilien die Cineworld Über den Insolvenzverwalter von Politt fast ein Jahr zwangsweise in Eigenregie betrieben habe, sei davon auszugehen, dass nicht nur Nennmann und Thies angesprochen wurden.

Bevor die beiden sich entschieden, das Lüner Kino zu übernehmen, schauten sie sich ersst einmal inkognito die Cineworld an. Jeder für sich. „Wobei Lutz voll in eine Mitarbeiter-Versammlung platzte und ganz schnell mit gekaufter Karte in einem Saal verschwand. Da hat er nicht viel von seinem heimlichen Besuch gehabt“, erzählt Thies.

Kinofest gleich zu Beginn

Als dann alles in trockenen Tüchern war, übernahmen Nennmann und Thies am 6. November 2003 die Cineworld. „An diesem Tag startete der am Ende mehr als erfolgreiche Film „Matrix“ und im Dezember folgte „Herr der Ringe“ – dadurch entstand eine solide Umsatzbasis für unseren Start“, so Thies. Schon in der zweiten Woche nach der Übernahme wartet eine echte Herausforderung auf die neuen Betreiber und ihr Team. Denn da fand das Kinofest statt, mit neuem Veranstalter, denn der Verein Pro Lünen war 2003 eingesprungen, um das erfolgreiche Festival zu erhalten, das nach der Insolvenz des Kinobetreibers bedroht war.

Auch an diese turbulente Zeit erinnert sich Meinolf Thies noch gut: „wir hatten uns unter dem Kinofest alles und nichts vorgestellt, am Ende haben es die Gäste jedoch kaum bemerkt, dass neue Betreiber am Werk waren. Selbst Pro Lünen hatte ja kaum Erfahrung mit dem Festival.“ Thies hatte ein paar Jahre zuvor ein Kinofest als Gast in Lünen erlebt – in der Lichtburg, als Caroline Links Film „Jenseits der Stille“ zur Eröffnung lief. „Aber das war nicht mit dem Festival in der Cineworld zu vergleichen.“ Mittlerweile sind Nennmann und Thies selbst die Veranstalter des Kinofests, haben einen Preis fürs Lebenswerk eingeführt, den 2022 als Erster Mario Adorf erhielt und der diese Jahr Senta Berger verliehen wird.

Die vergangenen 20 Jahre bescherten den Betreibrn und dem ganzen Cineworld-Team aber noch viele andere Veränderungen. Erfolgreiche Reihen wie der beliebte „Kaffeeklatsch“ oder die „Ladies Night“ wurden etabliert. Andere Versuche wie das „Niveau Kineau“ gestartet und dann wieder verworfen. Bei sportlichen Großereignissen wie Fußball-WM oder -EM agierten die Kinomacher unterschiedlich, mal mit längeren Schließungszeiten, die für Renovierungen genutzt wurden, mal mit Übertragungen von Spielen auf der großen Kinoleinwand. Die Cineworld haben Nennmann und Thies bewusst immer auf dem neuesten Stand der Technik gehalten. Und sogar erweitert um den kleinen Saal „My private Cineworld“.

Bereut haben sie ihren Entschluss, vor 20 Jahren die Cineworld zu übernehmen, nie: „Never ever. Deswegen mach wir sie gerade auch wieder ganz chic.“ Weitere Renovierungsarbeiten stehen derzeit an. Investitionen von rund 500.000 Euro sind geplant. Mittlerweile ist die Cineworld längst nicht mehr das einzige Kino, das die beiden Geschäftspartner zusammen betreiben. Thies: „AM 1. April 2004, meinem 40. Geburtstag, haben wir das von der Kette im April 2000 eröffnete Cinemaxx in Solingen übernommen.“

Neun Jahre später, am 1. April 2013 kam dann ein weiteres Kino hinzu – aufgrund der Tatsache, dass dem damaligen Vermieter von Solingen der Betreiber in Düren abhanden gekommen war, das Filmtheater in Düren. Thies: „Der April scheint unser Monat für Expansionen zu sein.“


Quelle: RuhrNachrichten