von Anja Katzke
Kamp-Lintfort. Die Plakate sind frisch gedruckt und warten darauf, vor der Hall of Fame ausgestellt zu werden: „Bock auf Kino?!“ steht dort auf grünem Grund geschrieben. Anja und Meinolf Thies haben definitiv Lust auf Kino – nach zwei kräftezehrenden Lockdowns, einem Kinosommer 2020 ohne Kassenschlager und einem frustrierenden Kampf mit der Bürokratie bereitet das Betreiber-Ehepaar des Kinos in Kamp-Lintfort den Neustart vor.
Ab Donnerstag, 1. Juli, sollen die Projektoren wieder laufen und für spannende Kino-Momente sorgen. Mit diesem Termin richten sich die Bertreiber der „Hall of Fame“ nach einer Empfehlung der Verleiher, die die Neustarts natürlich bundesweit bewerben wollen. Der Vorverkauf soll am 28. Juni im Haus am Ek3-Kreisel starten. Das Unternehmer-Ehepaar hofft, bis spätestens Ende dieser Woche auch zu erfahren, unter welchen Corona-Schutzvorgaben die „Hall of Fame“ ihre Türen öffnen kann. Denn das hat zum Beispiel Auswirkungen auf die Sitzplatzverteilung.
Ungeklärt ist noch immer die Frage zur Maskenpflicht. „Die Inzidenzzahlen gehen ja weiter zurück: Toi, toi, toi, dass alles gut geht“, hofft Anja Thies. Die Vorfreude auf die Wiedereröffnung ist verhalten optimistisch. „Wir haben in der Corona-Zeit so oft für den Neustart geplant, gehofft und wurden enttäuscht. Das hat man ja im Hinterkopf. Da bleiben wir lieber vorsichtig“, sagt die Unternehmerin.
Wie für alle anderen Lichtspielhäuser führte die Corona-Krise auch in der Hall of Fame wirtschaftlich zu großen Sorgen. „Es ist schlimm, so lange durchhalten zu müssen. Es haben sich Investoren zurück gestaut. Zum Glück haben wir immer gut gewirtschaftet“, sagt Anja Thies. Dafür erlebte Meinolf Thies, der jeweils mir seiner Frau und einem weiteren Partner neben der Hall of Fame acht weitere Kinos in NRW, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern betreibt, einen Parforceritt durch die Bürokratie: “Wir warten noch immer auf die November- und Dezemberhilfen“, sagt der 57-Jährige, der für jedes seiner Kinos einen Antrag gestellt hatte. Ein Streitpunkt ist offenbar nun, dass die Kinos als Kette oder Verbundunternehmen angesehen werden. „Die Hilfe fließt zäh, und dagegen wehren wir uns.“
Der Unternehmer ist froh, dass der Neustart mit dem Beginn der Sommerferien zusammenfällt. „Es gibt schlechtere Termine. In den großen Ferien haben alle Zeit, ins Kino zu gehen. Und wenn es heiß ist, bieten wir ihnen hier eine kühle Oase.“ Bis dahin haben Anja und Meinolf Thies sowie Theaterleiter Michael Seidel noch viel zu tun: „Wir haben ja die Möbel eingemottet.“ Vor allem müssen aber die Mitarbeiter reaktiviert werden, zum 1. Juni endet auch die Kurzarbeit. „Die Hälfte unserer Leute hat sich in den letzten anderthalb Jahren was neues gesucht“, berichtet Anja Thies.
Vor dem Neustart wird das Haus gereinigt, auch die Waren für die Gastrotheke müssen bestellt werden. Die ist leergeräumt. Nur die Popcorn-Maschinen liefen bis vor wenigen Tagen. Um Kontakt zu den Kinofreunden zu halten, bot die Hall of Fame den Außer-Haus-Verkauf an: „Die Leute haben das Angebot gut angenommen“, berichtet Theaterleiter Michael Seidel, der in den vergangenen Monaten nur auf Routinegänge im Kino unterwegs war, um die Haustechnik regelmäßig zu checken und alle Wasserquellen durchlaufen zu lassen. „Auch im Stillstand kann einiges kaputtgehen: In unserem Kino auf Rügen ging plötzlich die Notbeleuchtung nicht mehr. Es kann passieren, dass die Projektoren nicht laufen. Wir wollten kein Desaster erleben, wenn wir wieder öffnen“, erläutert Anja Thies.
Die Filmstarts am dem 1. Juli sind vielversprechend und haben aus Sicht der Betreiber allen etwas zu bieten: Action, Horror, familienfreundlich. „Godzilla vs. Kong", „Peter Hase 2" und „Catweazle“ mit Otto Waalkes sind nur drei Titel. Am 15. Juli startet in der Hall of Fame „Fast & Furious“. Und Ende September kommt dann endlich der immer wieder verschobene und letzte „Bond“. „Keine Zeit zu Sterben ist für uns eine wichtige Marke.“ Sorgen bereiten den Kino-Betreibern jetzt die Streamingdienste. Vor allem gegen Disney+ richtet sich der Ärger der mittelständischen Kinos in Deutschland. „Wir werden Disney boykottieren. Die großen Filme müssen zuerst im Kino laufen. Nur so kann ein Film richtig groß werden und für alle zum Erlebnis“, ist das Unternehmer-Ehepaar aus Essen überzeugt.
Quelle: Rheinische Post