Offener Brief: "Wiederholt sich die Geschichte?"

Noch ist völlig offen, wann und unter welchen Bedingungen Kinos in Deutschland den Spielbetrieb wieder aufnehmen können. In einem Brandbrief schildern Anja Thies, Meinolf Thies und Lutz Nennmann indes schon jetzt, welches Szenario sie nicht wieder erleben wollen.

Lutz Nennmann, Meinolf und Anja Thies

Wann die Kinos in Deutschland wieder die Chance erhalten, ihr Publikum in einem sicheren Umfeld begrüßen zu dürfen, steht aktuell leider noch ebenso in den Sternen wie die Antwort auf die Frage, ob es beim nächsten Neustart zu einem bundesweit koordinierteren Vorgehen kommen wird als im Frühjahr bzw. Frühsommer 2020... Die Kinobetreiber Anja ThiesMeinolf Thies und Lutz Nennmann jedenfalls schwören ihre Kolleg*innen schon heute mit einem Brandbrief darauf ein, die erste sich bietende Gelegenheit zur Wiedereröffnung zu nutzen.

Den offenen Brief lesen Sie hier im Wortlaut:

"Wiederholt sich die Geschichte?

Die Kinos durften unter Auflagen nach Lockdown 1 endlich wieder öffnen - da wussten wir noch nicht, dass wir diesen Vorgang Namens Lockdown mal mit Nummern versehen würden, so wie es sonst nur Verleiher mit ihren Sequels tun... Na jedenfalls hatten viele viel gelitten und manche hoffentlich auch was gelernt. Der Kinomarkt sah, dass es nicht nur eine Reihe von Verleihern gab (und gibt), die sich wegduckten (und bis heute komplett verschollen zu sein scheinen), sondern auch Verleiher, die als Partner verlässlich an der Seite der Kinos standen und trotz eigener finanzieller, teils erheblicher Unwägbarkeiten Filme starteten, um wichtige Impulse zu setzen.

Unter der Fragestellung 'Wer ist denn inzwischen das Problem?' thematisierten wir in dem offenen Brief seinerzeit (Sie finden diesen offenen Brief aus dem Juni hier, Anm.d.Red.) allerdings vor allem ein ebenso großes Problem wie das Fehlen gewichtiger Starts in ausreichender Anzahl. Und das sind die Kinobetreiber gewesen, die - trotzdem sie wieder Kino hätten machen dürfen - es nicht taten!

Nun steuern wir mit großen Schritten auf Mitte März 2021 zu, der Beginn des Lockdown Nummer 1 jährt sich zum ersten Mal. Und es gibt Kinos im Land, die seitdem ununterbrochen geschlossen sind, obwohl sie fünf Monate lang bis zum Start des jetzigen Lockdowns hätten für ihr Publikum da sein können, dürfen und ja: müssen! Nicht nachvollziehbar aus unserer Sicht, selbst zu Zeiten von 'Tenet', 'After Truth' und Co. geschlossen zu haben. Klar, jeder Betreiber ist Unternehmer und in seinen Entscheidungen frei. Allerdings hat jedes Mitglied in dieser Branche auch Verantwortung für eben diese gesamte Branche, wenn es sich denn schon seinem lokalen Publikum nicht verpflichtet fühlt.

Man kann es sich einfach machen und stets die Verleiher ins Visier nehmen und ja, natürlich, das internationale Infektionsgeschehen hätte so oder so manchen großen Start verhindert. Dennoch: Viel zu viele Kinos blieben geschlossen, viel zu viele Standorte und Leinwände standen den Verleihern für breitere Starts bei ohnehin reduzierten Sitzplatzkapazitäten nicht zur Verfügung und ohne Frage hat das dem Markt in 2020 erheblich zusätzlich geschadet!

Nun bleibt es für den Moment spekulativ, ob wir ab Mitte Februar, erst im März oder zu Ostern wieder Kino machen dürfen, nächste Woche erfahren wir aus Berlin sicher mehr. Aber für uns steht fest, dass wir direkt nach dem politischen Startschuss ab dem dann darauffolgenden Donnerstag wieder Kino machen! Und wir appellieren an alle Betreiberkollegen, selbiges zu tun und rufen die Kinoverbände dazu auf, ihre Mitglieder mit Nachdruck dazu zu motivieren, wieder aktiver Teil der Branche zu werden und den Pfad des vorgezogenen Ruhestands zu verlassen! Denn eines ist für uns wirklich glasklar: Die Leute haben Bock auf Kino! Und die Geschichte des Vorjahres darf sich nicht wiederholen!

Beim HDF laufen die Arbeiten, den erneuten Wiederbeginn mit einer breiten Kampagne zu begleiten. Diese muss zünden, sowie das letzte Bundesland in Sachen Kino wieder ans Netz darf, sofern es zwischen den Ländern überhaupt Unterschiede geben sollte. Wer dann nicht wieder (bzw. wieder nicht) unverzüglich seinen Beitrag leistet und mitzieht, indem er Kino macht, der ist alles Mögliche, aber definitiv nicht großes Kino!

Anja & Meinolf Thies, Lutz Nennmann, Nennmann & Thies / Thies Kinobetriebe"


Quelle: mediabiz