Bis Dezember bleibt die Leinwand dunkel

240.000 Besucher kamen im vergangenen Jahr in den Kinopalast in den Clemens-Galerien in der Innenstadt. Im Corona-Jahr wären die Betreiber bereits mit der Hälfte der Besucherzahl zufrieden.

Am Montag, 2. November, gingen zum zweiten Mal in diesem Jahr im „Lumen“ die Lichter aus. Mit Filmen wie „Yakari“ und „Greenland“ soll es im Dezember weitergehen.

Von Fred Lothar Melchior

„Auf die Leinwand schauen, anstatt in die Röhre gucken“: Der Slogan auf der Homepage von Meinolf Thies wirkt schon zum zweiten Mal in diesem Jahr wie aus der Zeit gefallen – ähnlich wie der alte Werbespruch „Dienstag ist Kinotag“ (wahlweise auch mit Montag oder Donnerstag).

Bis Ende November ist kein Tag der Woche Kinotag; wie im Frühjahr trifft die Zwangsschließung die Branche hart. „Irgendwann ist unser Geld auch alle“, sagt Thies, der gemeinsam mit Lutz Nennmann „Das Lumen“ in den Clemens-Galerien betreibt. „Wir wären froh, wenn es bei den vier Wochen bliebe.“

Normalerweise gehört der November zu den umsatzstärksten Monaten. „Im vergangenen Jahr war es ein besonders guter November“, blickt Meinolf Thies zurück. „Auch dank erfolgreicher Filme wie der Komödie ,Das perfekte Geheimnis‘.“

Wenige Monate später kamen die Corona-Auflagen – und der geschäftsführende Gesellschafter der Consulthies GmbH in Essen musste nach Geldquellen suchen. „Wir haben KfW-Kredite beantragt und auch sehr schnell bekommen“, erläutert Thies. Auf die 25.000-Euro Soforthilfe pro Betrieb habe man allerdings acht Wochen lang warten müssten. Dr. Jochen Stahl, Miteigentümer der Clemens-Galerien, habe dagegen rasch reagiert, als Thies um Stundung der Miete bat: „Er hat nach 18 Minuten geantwortet. Das hat mir Respekt abgenötigt.“

Jetzt geht es um die Überbrückungshilfe II – und Meinolf Thies, der nicht nur hinter dem „Lumen“ steht, sieht Schwierigkeiten auf sich zukommen. „Jetzt möchte man uns plötzlich als verbundene Unternehmen einstufen. Das würde uns treffen. Das wird eine Rechtsfrage.“ Denn für jeden Kinostandort (siehe Info-Kasten) gibt es eine eigene Gesellschaft. Thies: „Wir wollen unsere Steuern da zahlen, wo wir unsere Kinos haben.“

Sicher sei nur: „Vor Januar ist an eine Auszahlung nicht zu denken.“ Es gehe um 80 oder 60 Cent pro Ticket, je nach Betriebsgröße. Und für weitere Unterstützung gelte: „Es wird alles abgezogen, was der Staat schon vorher gegeben hat.“

Die Lumen-Mitarbeiter warten ungeduldig auf den 3. Dezember. Dann soll das Programm in dem Kino-Komplex in der Innenstadt wieder anlaufen. Die Plakate, die nach dem ersten Lockdown aufgehängt wurden, sind noch an ihrem Platz: „Schön, euch wieder bei uns zu sehen!“ „Das Wochenende vor dem zweiten Lockdown war das besucherstärkste seit der Wiedereröffnung Ende Mai, trotz der Entwicklung der Infektionszahlen und der Startverschiebungen großer Blockbuster. Das zeigt uns, dass die Menschen sich im Kino sicher fühlen und auf dieses Freizeitvergnügen nicht verzichten wollen“, kommentiert Meinolf Thies.

„Wir haben Zuschriften, dass Zuschauer die Schließung sehr bedauern“, erklärt Frank Lichtenberg, der „Das Lumen“ leitet. Er betont, dass ein Kino-Besuch sicher sei: „Als wir am 30. Mai wieder öffnen durften, war eine Auslastung von 20 Prozent erlaubt.“ Im größten Saal mit 350 Plätzen seien nur 60 oder 70 freigegeben worden. Jede zweite Reihe war gesperrt, was ab Mitte Juli aufgehoben, aber kurz vor dem zweiten Lockdown wieder eingeführt wurde.

Lichtenberg glaubt, dass das Publikum sich im „Lumen“ sicher gefühlt hat. Die Säle seien hoch, und die Luft werde mehrmals pro Stunde umgewälzt. „Wir haben gute Lüftungsanlagen, deren Filter regelmäßig gewartet werden.“

Ende Mai liefen 40 verschiedene Filme in den acht Sälen. Weil zuletzt kaum große Hollywood-Titel auf den Markt kamen, startete im „Lumen“ beispielsweise eine Reihe mit Reisefilmen. Lichtenberg: „Es gab auch schon eine gut gefüllte ,Ladies Night‘-Vorstellung, und wir hatten gerade wieder mit dem ,Kaffee-Klatsch‘ im kleinen Kreis angefangen.“

Rund 240.000 Besucher zählte Frank Lichtenberg im vergangenen Jahr in dem Kino-Komplex. „Wenn wir in diesem Jahr die Hälfte haben, sind wir glücklich“, sagt der Assistent der Geschäftsleitung, der seit sieben Jahren „Das Lumen“ führt. Meinolf Thies ist schon länger im Geschäft. „So etwas“, urteilt der 56-jährige gebürtige Gelsenkirchener, „erlebe ich in meinem 32. Kinojahr aber zum ersten Mal“.

 

Info: Von Bergen auf Rügen bis Salzgitter

Kinos: Meinolf Thies und seine Ehefrau Anja sind geschäftsführende Gesellschafter der Essener Consulthies GmbH. Sie bietet Dienstleistungen rund ums Kino an – „von der Marktanalyse bis zum Filmeinkauf“. Das Ehepaar ist nicht nur als Geschäftsführer im „Lumen“ tätig, sondern auch bei Kinos in Bergen auf Rügen, Düren, Kamp-Lintfort, Lünen, Mülheim/Ruhr, Osnabrück (2) und Salzgitter.

Gutscheine: Solingern, die Angst haben, dass ihr Kinogutschein verfällt, sagt Frank Lichtenberg: „Ein Jahr Kulanz ist immer drin. Damit sind es dann vier Jahre.“

 

Quelle: RP ONLINE / Foto: Fred Lothar Melchior