Führung und Lerneffekte

Von Dr. Beate Bößl, IHK / Frank Hesse, IHK

Die Corona-Pandemie ist für viele Unternehmen ein finanzieller Stresstest. Und nicht nur das. Eine Zeit, in der vielfach Kurzarbeit beantragt und Home-Office-Arbeitsplätze eingerichtet werden müssen, fordert auch die (Personal-)Führung neu heraus. Mehraufwand und Verantwortungsbewusstsein sind aktuell stark gefragt. Aber auch Lernbereitschaft und Kreativität. Das zeigen auch unsere Beispiele sowie eine aktuelle IHK-Blitzumfrage zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Personalplanung.

Filmpassage und Hall of Fame - Kino de Luxe, Osnabrück: Rechtliche Unwägbarkeit.

„Es könnten im Herbst zehn James Bond-Filme kommen“, sagt Anja Thies, „die Verluste der vergangenen Monate könnten wir nicht annähernd wieder aufholen“. Gemeinsam mit ihrem Mann Meinolf Thies (Consulthies GmbH, Essen) betreibt die Unternehmerin seit dem Jahr 2012 die Filmpassage in der Osnabrücker Johannisstraße. Mit viel Energie und Ideen hatten sie das in die Jahre gekommene Haus zu neuer Beliebtheit geführt. 2020 sollt nun das Jahr werden, in dem das aufwendig umgebaute und erst am 18. Dezember 2019 eröffnete „Hall of Fame - Kino de Luxe“ gegenüber vom Hauptbahnhof Tritt fasst. Doch dann flimmerte im März Corona auf.

Was bedeutete die akute erste Phase der Krise für die Führung und Personalorganisation? „Einen enormen Mehraufwand und eine hohe rechtliche Unsicherheit, weil wir neun Kinos in drei Bundesländern betreiben. In jedem galten und gelten eigene Schließungsverfügungen.“ Stündlich habe man sich deshalb Mitte März online über die rechtlichen Regelungen informiert – „denn einerseits haben wir eine Betreiberpflicht gegenüber den Vermietern, dürfen also nicht einfach die Türen zu machen. Anderseits müssen wir uns natürlich ans Gesetz halten.“ Was folgte, war ein nie gekannter Stillstand. Für einen Großteil der insgesamt rund 200 Mitarbeiter der Kinos wurde Kurzarbeit beantragt, eine kleine Gruppe blieb. „Doch irgendwann ist alles aufgeräumt und sind alle Projekte abgearbeitet.“ Bewusst entschieden sich ihr Mann und sie gegen betriebsbedingte Kündigungen, verzichteten auf das eigene Gehalt und unterstützten Studierende und geringfügig Beschäftigte aus dem Unternehmen, „für die der Verdienst Teil des Lebensunterhaltes ist und die wir später wieder einsetzen möchten.“

Was für die Kinobetreiber im weiteren Verlauf schwer wo, war die große rechtliche Unsicherheit über die Wiedereröffnungen. „Kinos können nicht von heute auf morgen hochgefahren werden“, sagt Thies und nennt als ein Beispiel die Getränke-Zapfanlagen, für die Fachpersonal zuständig ist, mit dem Termine verabredet werden müssen. Für die Kinos in NRW habe es einen „guten Vorlauf“ für die Öffnungen am 30. Mai gegeben. Nicht aber für Niedersachsen. Meinolf und Anja Thies entschlossen sich deshalb, an den Standorten Osnabrück und Salzgitter vor den Verwaltungsgerichten im Eilverfahren eine Wiedereröffnung zu erreichen, legten dafür ein strenges Hygienekonzept vor, „das sich in Kinos hervorragend umsetzen lässt, weil elektronisch Plätze und Reihen gesperrt werden können und im Haus Belüftungen möglich sind.“ – In Salzgitter drangen sie damit nicht durch, wohl aber in Osnabrück.

Inzwischen hat Niedersachsen den Kinobetrieb erlaubt. Die Crux nun: Es gibt Maskenpflicht auch am Platz und damit etwas anderes, als im Eilverfahren erwirkt wurde, wonach am Platz Masken abgenommen und auch Getränke verzehrt werden dürfen. Das Ehepaar Thies bat vor Redaktionsschluss erneut das Gericht um Klärung. Normalität, das steht für sie fest, wird noch Zeit brauchen: „Aber auch bis dahin setzen wir auf das, was uns am Herzen liegt: die Gäste-Sicherheit und ein gutes Filmprogramm.“


Quelle: ihkmagazin Osnabrück, Emsland, Grafschaft Bentheim